In den 1920er-Jahren war das Areal des Zeppelinfeldes eine riesige unbebaute Wiese und wurde oft für Veranstaltungen genutzt. Heute sind Besucher nicht mehr mit einer Wiese konfrontiert, sondern mit dem einzigen noch weitgehend erhaltenen Aufmarschgelände des Reichsparteitagsgeländes. Zäune, Leitplanken und Bewuchs soweit das Auge reicht. Hier sollten über 300.000 Zuschauer Platz finden. Einen Überblick des Geländes bekommt man erst, wenn man die Stufen der Haupttribüne erklimmt. Die Tribüne wurde 1938 fertiggestellt und war einmal 20 Meter hoch und 360 Meter lang. Links und rechts wurde sie von zwei großen Feuerschalen eingerahmt. Die Zeppelinhaupttribüne und das Zeppelinfeld ist das einzige vollendete Bauensemble Albert Speers auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Heute zählt sie zu einer der wenigen Bauten, die noch von Hitlers Lieblingsarchitekt erhalten sind. Doch woher kommt eigentlich der Name des Areals? 1909, lange bevor die Nationalsozialisten das Gelände für sich entdeckten, landete auf der damaligen Wiese ein Zeppelin und gab dem Areal seinen Namen.
Das Gebäude besteht aus einer Mischung aus Beton, Ziegel und Muschelkalkstein. Im Zentrum der Tribüne stand einst die Rednerkanzel, über ihr ein großes vergoldetes Hakenkreuz. Genau hier stand Adolf Hitler. Nach dem Krieg wurde vor allem die Stelle der Rednerkanzel ein beliebtes Touristenziel. Zahllose Besucher haben sich dort, wo einst der Führer seinen Platz fand, fotografieren lassen. Ein Blick von der Kanzel auf das Zeppelinfeld bietet aber mehr als nur einen Schnappschuss. Hier wird einem die räumliche Dimension der Anlage erst wirklich klar. Die architektonische Ausführung des Areals zeigt deutlich das sogenannte „Führerprinzip“. Auch die hierarchische Gliederung des nationalsozialistischen Staates ist auf dem Zeppelinfeld zu erkennen: Adolf Hitler, der Führer, steht vorne und weit oben in der Mitte. Man hatte zu ihm aufzusehen. Auch die „Volksgemeinschaft“ wurde im Feld inszeniert. Die etwa sieben Meter hohen Zuschauertribünen und die 34 Türmchen schlossen das Feld nach außen hin ab. Von außen erinnert das Areal an eine Wehranlage. Die Teilnehmer auf dem Feld und die Zuschauer sollten sich dadurch zu einer großen Gemeinschaft zugehörig fühlen.
Das Zeppelinfeld war damals eine der wichtigsten Aufmarschflächen bei den Reichsparteitagen. Die Veranstaltungen umfassten die gesamte Bandbreite des NS-Feier-Kults von Gelöbnissen, Aufmärschen und sportlichen Darbietungen. Am Tag der Wehrmacht fuhren Panzer, Zeppeline, Kettenfahrzeuge und Flakgeschütze über das Gelände. Der zehnte Reichsparteitag 1938 war auch der letzte. Erst nach dem Krieg wurde das Areal wieder Schauplatz großer Veranstaltungen. Am 24. April 1945 versammelte sich hier die Siegerparade der US-Army. Zum Ende der Parade wurde das große Hakenkreuz über der Haupttribüne gesprengt. Die Amerikaner nannten die Zeppelinwiese nun das „Soldier-Field“. Neben den Heimattreffen der Sudetendeutschen Landsmannschaften (1953 und 1955) fanden hier auch Gottesdienste wie der Weltkongress der Zeugen Jehovas (1969), das „Christival“ (1988) und große Rockkonzerte von Bob Dylan (1978), Tina Turner (1990) und den Rolling Stones (1998) statt. Seit 1997 wird das Gelände auch für das berühmte Musikfestival „Rock im Park“ genutzt. Die älteste und lauteste Veranstaltung ist aber wohl das Norisringrennen, das schon seit 1938 auf dem Gelände stattfand. Mit dem Abzug der amerikanischen Soldaten im Zuge der Wiedervereinigung fiel die Wiese an die Stadt Nürnberg zurück. Ihre Nutzung änderte sich aber nicht. Nach wie vor ist das Areal Schauplatz zahlreicher Veranstaltungen.
Die Zeppelintribüne war 1945, bis auf erste Bauschäden, unversehrt erhalten. Anders als vorher wurde nun die Blickrichtung geändert und die Tribüne wurde nach dem Krieg als Zuschauertribüne genutzt. Nicht die Rednerkanzel Adolf Hitlers, sondern eine Bühne auf der Wiese war der Mittelpunkt des Geschehens. Aber nicht alle Veranstaltungen ließen die Vergangenheit in Vergessenheit geraten. Beim Studetendeutschen Tag 1955 standen die Redner an der Stelle, wo auch Hitler gesprochen hatte. Fahnendekorationen und Wappenschilder ergaben ein Bild, das dem Eindruck bei Reichsparteitagen glich. Nicht eine derartige bedenken- und geschmacklose Weiternutzung der Tribüne, sondern der schlechte bauliche Zustand war die Begründung für die Sprengung der Pfeilerhallen 1967. Dadurch entstanden zum Teil heftige Diskussion in der Öffentlichkeit. Heinz Schmeißner, damaliger Baureferent, verteidigte den Beschluss: „Der Wert der Zeppelintribüne als Attraktion für den Fremdenverkehr ist mehr als fragwürdig.“ Den Nürnberger Nachrichten schien die Aktion jedoch auch andere Hintergründe zu haben: „Risse in den Decken der Säulengalerie auf der großen Steintribüne am Zeppelinfeld bieten eine gute Gelegenheit, wieder ein Stück des Erbes nationalsozialistischer Vergangenheit niederreißen zu lassen.“ Ein weiterer Grund für die Sprengung waren auch die noch immer sichtbaren Mosaiken des nationalsozialistischen Künstlers Hermann Kaspar an der Decke der Pfeilerhallen, die deutlich an Hakenkreuze erinnerten. Mehrere hundert Zuschauer fanden sich ein, als schließlich die Pfeilerreihen gesprengt wurden. In Leserbriefen waren in dieser Zeit auch rechtsradikale Aussagen zu finden, die den Bau als Dokument einer angeblich großen Zeit sahen. Die beiden seitlichen Abschlüsse der Tribüne, die noch immer je eine große gußeiserne Flammenschale trugen, wurden 1976 ebenfalls wegen Baufälligkeit abgetragen. Eine der Flammenschalen steht heute im Saal unter der Zeppelintribüne, die andere war bis 2008 als Planschbecken und dann als Zierbecken im Nürnberger Stadionbad aufgestellt. Heute steht sie hinter der Tribüne und wartet auf eine sinnvolle Nutzung.
Vom Teilabriss über die Verwendung als Zuschauertribüne für unterschiedliche Veranstaltungen bis zur historischen Ausstellung in ihrem Inneren hat die Zeppelintribüne seit 1945 viel erlebt und dabei erheblich gelitten. Seit 2016 steht fest, wie die Zukunft des Areals aussehen wird: Mit Zuschüssen von Bund und Land werden seit 2018 die Bauten Instand gesetzt. Dabei war das Vorhaben, nicht nur aufgrund der erheblichen Kosten, umstritten. Der Historiker Norbert Frey war beispielsweise dafür, die Gebäude kontrolliert verfallen zu lassen. Eine abgezäunte Tribüne und ein überwachsene Ruine wären die Folge gewesen. Stattdessen hat man sich für den Erhalt als Lernort und zur Freizeitnutzung entschlossen. Inzwischen sind 60 Prozent der Steine an den Fassaden und 80 Prozent der Natursteinblöcke an den Stufen der Tribüne zerstört. Einzelne Decken im Gebäude müssen durch provisorische Holzkonstruktionen gestützt werden. Mit Zäunen werden Passanten vor herabfallenden Steinbrocken geschützt. Manche Bereiche der Tribüne sind aus Sicherheitsgründen nicht mehr betretbar. Die Berechnungen ergeben eine Gesamtsumme von circa 73 Millionen Euro für die bauliche Sicherung des Zeppelinareals. Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly erklärt dazu: "Der Erhalt des Zeppelinfelds und seiner Bauten ist aufwändig und ein komplexes Unterfangen. Es geht nicht um eine Restaurierung oder gar eine Rekonstruktion, sondern um eine langfristige Sicherung des Status quo, der auch nachfolgenden Generationen die Möglichkeit zur eigenen Auseinandersetzung lässt. Die Geschichte soll hier erfahrbar und begehbar gemacht werden. Die Stadt Nürnberg stellt sich dieser Aufgabe auch im Wissen darum, dass es sich um ein nationales Erbe handelt."
Quellen:
Abbildung 1: "Die Feuerschale als Planschbecken" aus "Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg" von Alexander Schmidt, Sandberg Verlag Nürnberg, 2017, Seite 253
Literatur:
"Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg" von Alexander Schmidt, Sandberg Verlag Nürnberg, 2017
"Das Gelände. Dokumentation. Perspektiven. Diskussion." Museen der Stadt Nürnberg, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Michael Imhof Verlag
"Das Reichsparteitagsgelände im Krieg" von Hanne Leßau, Michael Imhof Verlag 2021
Homepage "Nuernberg", zuletzt abgerufen am 21.01.2022, www.nuernberg.de/internet/hochbauamt/zeppelin.html
Homepage "Bauzeugen", zuletzt abgerufen am 21.01.2022, bauzeugen.wordpress.com/tag/feuerschale/
am ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg | Impressum & Datenschutz
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