Erst seit ein paar Monaten ist den Nürnberger Bürgern aus der Presse der Vorschlag bekannt, eine Ersatzspielstätte für das Opernhaus im Innenhof der Kongresshalle zu installieren. Die Entscheidung für diesen Interimsbau im Torso der Kongresshalle, kann in einer demokratischen Stadtgesellschaft weder in der angedachten Zeit noch dem jetzt eingeschlagenen intransparenten Prozedere erfolgen.
Wir fordern:
1) Zeitlicher Aufschub für angemessenen Diskurs
2) Vorausschauende Stadtentwicklung
3) Transparente und offene Entscheidungsprozesse mit aktiver Einbindung
der Bürger:innenschaft
1) Zeitlicher Aufschub für angemessenen Diskurs
Die Notwendigkeit für eine Zwischenlösung ist so lange bekannt, wie der Sanierungsbedarf des Opernhauses selbst. Das sind mindestens 10 Jahre. Nun diesen zeitlichen Druck aufzubauen ist der Sache nicht angemessen. Ein Hoppla-Hopp bei der Entscheidungsfindung könnte unbedachte Folgen mit langfristigen Auswirkungen mit sich bringen. Inhaltlich unterstützen wir die Position des Vereins Geschichte Für Alle eV., die sich für ein transparentes Verfahren einsetzen. Wie die Experten, die seit langem in die wichtige didaktische Vermittlung am Doku-Zentrum eingebunden sind, meinen auch wir, dass gerade der Innenhof der Kongresshalle keine x-beliebige Verfügungsmasse ist, sondern ein Dokument für den Größenwahn und das anschließende Scheitern des Nationalsozialismus. Die Kongresshalle ist als Baustelle hinterlassen worden und davon zeugen heute noch der U-förmige Rundbau und sein Innenhof. Die geplante Größe und die damit verbundene Hybris lässt sich nur durch die Leere nachvollziehen. Jeder große Einbau kommt einem gefährlichen Fertigbauen gleich. Wir meinen, die Entscheidung diesen wichtigen Ort für die historisch-politische Bildung nun für eine schicke Kulisse für Kultur zu nutzen hat eine derartige Tragweite und Brisanz, dass in den Diskurs externe Experten ebenso einbezogen werden müssen, wie die Bürger:innen selbst. Ein zeitlicher Aufschub um ein halbes Jahr ist deshalb angebracht.
2) Vorausschauende Stadtentwicklung
In anderen Städten gibt es weit vorausschauende, gemeinwohlorientierte Stadtentwicklungsplanungen, die bei notwendigen Infrastruktur- und Kultureinrichtungen auch an die integrationsfördernde Verteilung in den Stadtteilen denkt. Investitionen dieser Größenordnung können sinnvollerweise für eine Aufwertung von vernachlässigten Stadtteilen genutzt werden (München, Zürich, Barcelona, etc.). Gerade Standorte für Interimsflächen von Kultureinrichtungen, bspw. in bestehenden Industrie- und Gewerbebrachflächen, können in sozial angespannten Stadtvierteln für eine Aufwertung sorgen. Das Argument, dass die Stadt über keine eigenen Flächen verfügt, kann bei einem Blick in die Vergangenheit nicht überzeugen. Zu oft hat man Chancen für die Entwicklung von Konversionsflächen und Umnutzungen aus der Hand gegeben. Es wäre die Gelegenheit der neuen Stadtregierung zu zeigen, dass sie mehr Mut und Innovationsbereitschaft hat.
3) Transparente und offene Entscheidungsprozesse mit aktiver Einbindung der Bürger:innenschaft
Der Verein BauLust e.V. hat in einem Offenen Brief an Oberbürgermeister Marcus König vom 18. März 2021 mehr Transparenz und Offenheit aller Vorgänge in Verbindung mit dem Reichsparteitagsgelände gefordert. Es wurde angemahnt, dass die Bürger:innenschaft erst nach Weichenstellungen weiterer Entwicklungen informiert und anschließend nur noch zum Schein beteiligt, sprich informiert wird. Die aktuellen Vorgänge rund um die Entscheidung für den Standort eines Interimsbau der Oper zeigen die Dringlichkeit dieser Forderungen! Die Stadtgesellschaft wird derzeit weder ausreichend informiert, noch in Meinungsbildungsprozesse eingebunden. In einer demokratisch und pluralen Gesellschaft muss bei einem öffentlich relevanten Thema dieser Art ein offener Diskurs stattfinden.
am ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg | Impressum & Datenschutz
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