Julia Ahlfeld: Herr Schmidt, was ist denn die Vision im Umgang mit dem Zeppelinfeld sowie der Tribüne und deren Innenräumen?
Dr. Alexander Schmidt: Fest steht, dass die Gebäude auf dem Zeppelinfeld in keinem guten baulichen Zustand sind. Deshalb ist eine Instandsetzung geplant, um den aktuellen Stand zu sichern. Das soll aber auf keinen Fall im Rahmen einer Restaurierung passieren, denn uns geht rein um eine Erhaltung des Geländes. Die vorhandenen Strukturen sollen auch nicht schön oder künstlerisch dargestellt werden, sondern als wahrhaftiges Dokument der NS-Zeit dienen. Wie genau das schließlich umgesetzt wird, damit aus den verschiedenen eingesetzten Materialien kein Flickenteppich entsteht, wird die Stadt bis 2022 noch entscheiden. Aktuell wird auch noch ein*e Architekt*in gesucht, der*die dann die Pläne einheitliche umsetzen soll.
Ahlfeld: Welche Akteur*innen werden denn dann an der Umsetzung beteiligt sein und wie wird diese organisiert?
Schmidt: Die Stadt Nürnberg ist Eigentümerin der Grundstücke und der Gebäude und ist deshalb alleinig zuständig für die Umsetzung der Pläne. Aufgrund der Geschichte besteht allerdings die Verpflichtung von Bund und Land, die Stadt Nürnberg nicht mit den Bauhinterlassenschaften allein zu lassen. 50% der Kosten werden vom Bund getragen, ein Viertel trägt auch der Staat Bayern. Das Dokumentationszentrum entwickelt die Konzepte zunächst selbständig und holt dann die Meinung des Beirates ein. Wir haben den Beirat genau deshalb berufen, dass wir ein Feedback und Anregungen bekommen und auch eine Rückendeckung gegenüber den Geldgeber*innen erhalten. Der Bund will sicher sein, dass die Inhalte wissenschaftlich korrekt sind, dafür steht der wissenschaftliche Beirat. Darüber hinaus wäre es zukünftig wichtig, dass auch die Öffentlichkeit mit in die Diskussion miteinbezogen wird, zum Beispiel durch Veranstaltungen mit Schulklassen zu dem Thema des Umgangs.
Ahlfeld: Wie soll denn die Kommunikation mit der Öffentlichkeit über die anstehenden Entscheidungen allgemein ablaufen?
Schmidt:
Es gibt verschiedene Fragen, die von der Öffentlichkeit in Bezug auf das Reichsparteitagsgelände diskutiert werden, die Debatte über das Zeppelinfeld ist relativ abgeebbt, das ist nicht mehr so strittig in der Öffentlichkeit. Allerdings gibt es noch Konfliktpotenzial anlässlich der Planungen zur Nutzung der Kongresshalle. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Öffentlichkeit bei den Fragen zum Umgang viel zu spät mit einbezogen haben und das geht überhaupt nicht. Ich sehe das mit einem sehr schlechten Gefühl, dass behauptet wird, wir müssen bis zum Dezember entschieden haben und wir nicht länger Zeit haben. Das ist für eines der größten Kulturprojekte der Stadt Nürnberg in der Nachkriegszeit schlicht nicht angemessen, dass im Endeffekt in anderthalb Monaten in der Öffentlichkeit durchzuboxen und zu entscheiden. Ich finde die Diskussionszeit zu kurz. Da stehe ich auch als städtischer Mitarbeiter im Widerspruch zur zweiten Bürgermeisterin und zum Bürgermeister. Schon vor über einem Jahr, als mit dem Gedanken gespielt wurde, die Oper in die Kongresshalle zu verlegen, hätte man anfangen müssen, darüber zu sprechen und die Öffentlichkeit mit einzubeziehen und diese nicht nur hinterher über eine nahezu feststehende Entscheidung zu informieren. Ich hoffe die Meinung der Stadt ändert sich dazu noch und dass sich die Zeit für eine demokratische Entscheidung genommen wird. Das muss eine gut überlegte Entscheidung sein und ich glaube nicht, dass das Operninterim in der Kongresshalle das ist.
Ahlfeld: Eine der wichtigsten Fragen, die man sich in Bezug auf den Zugang für die Öffentlichkeit des Zeppelinfelds und der Tribüne stellen muss, ist: Wie wird mit eventuellem Rechtsextremismus auf dem Gelände umgegangen?
Schmidt:
Ich glaube, wir sollten einfach damit rechnen, dass solche Besucher*innen kommen. Es ist dann sehr die Frage, was die vorfinden und da helfen Tickets, Zäune oder ähnliche Maßnahmen nicht wirklich, sondern nur gute Präsenz. Das war teilweise auch die Argumentation der Aktion Regenbogen Präludium, dass der Ort dann auf eine Art und Weise besetzt ist und sich nicht mehr für Selfies gewisser Gruppen eignet. Wir werden präsenter sein und wir es den Leuten schwieriger machen, sich dort wohlzufühlen und zu inszenieren. Die Wachsamkeit der demokratischen Gesellschaft ist auch ein Teil der Präsenz, denn die Bürger*innen sind schon in der Vergangenheit gegen "Nazi-Ansammlungen" vorgegangen. Zugänglich sollte das Gelände bleiben, weil wir nicht in eine defensive Haltung verfallen, sondern offenbleiben wollen.
Ahlfeld: Um noch einmal zurück auf die Ausstellung im Sommer zu kommen, wie stehen sie zur Einbindung von Kunst auf dem Gelände?
Schmidt: Es gilt die Frage zu beantworten: Wie sieht ein sinnvolles Kunstkonzept auf dem Gelände aus? Meiner Meinung nach kann die Kunst die historische Auseinandersetzung aber nicht ersetzen. Das sind also zwei verschiedene Ansätze. Für die Abstimmung darüber bräuchten wir so etwas wie ein Gremium aus Kurator*innen und Historiker*innen.
am ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg | Impressum & Datenschutz
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