Am Donnerstag, den 23. September 2021 im Rahmen der International Public Summer School 2021 stand das ehemalige Reichsparteitagsgelände im Mittelpunkt. Unter der Moderation von Sylvia Decker im Audimax-Saal der Technischen Hochschule Nürnberg fanden verschiedene Vorträge zur dokumentarischen Arbeit dazu statt. Vorträge von Neil Gregor und Florian Dierl zu anderen Perspektiven und der Veränderung von Ausstellungen.
Für erste Begrüßungsworte sorgt Ingrid Burgstaller, die Dekanin der Fakultät Architektur der Technischen Hochschule Nürnberg. Im Anschluss stellen zwei der vier Organisator*innen Christof Popp von BauLust e.V. und Inge Manka von der Technischen Universität Wien die Hintergründe vor.
Während Popp – ganz nach dem Namen der Tagung – verschiedene Bilder des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes präsentiert und somit den Hintergrund der Tagung beschreibt, führt Manka die Besucher*innen in die verschiedenen Angebote der Tagung „Bilder vom Gelände“ ein.
Demnach ist der Kern der International Public Summer School 2021 vor allem die Präsentation der fachlichen Forschungsergebnisse und die anschließende Verlagerung des Diskurses in die breite Öffentlichkeit. Für weitere Anreize und Gedanken sorgen die Vorträge unter der Moderation von Sylvia Necker, der Direktorin des Preußen Museums Minden.
Den Anfang macht Neil Gregor, Professor für Moderne Europäische Geschichte an der University of Southampton und Autor von zahlreichen Veröffentlichungen über die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. Er beginnt seinen Vortrag Multidirektionale Erinnerung am ehemaligen Reichsparteitagsgelände mit Einwürfen aus einem SPIEGEL-Artikel der Autorin Herta Müller. Diese berichtete darin von ihrer Ankunft in Deutschland, zahlreichen behördlichen Befragungen und ihrer Zeit im Übergangsheim Langwasser mit Blick auf das ehemalige Reichsparteitagsgelände. Nach Gregor finden sich in Müllers Text multidirektionale Erinnerungen und vor allem eins: die Nicht-Deutsche Sicht. Seiner Meinung nach fehlt es der Forschung zur NS-Zeit weitestgehend an dieser Perspektive. Er stellt immer wieder die Fragen in den Raum: Mit welchen Quellen wollen wir arbeiten? Welche Perspektiven wollen wir zeigen? Sein Vorschlag: verstärkt Quellen der sowjetischen Zwangsarbeiter in die Forschung einfließen lassen.
Im Anschluss an Neil Gregor tritt Florian Dierl auf die Bühne, er ist Historiker und Leiter des Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände.
In einem kurzen Exkurs zur Entstehung des Dokumentationszentrums berichtet Florian Dierl von dem Druck durch die zivile Gesellschaft für eine dokumentarische Aufarbeitung der NS-Geschichte in den 1970ern und der daraus resultierenden Entstehung des Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände. Die geforderte Aufgabe des Dokuzentrums: einen Raum bieten und Position beziehen. Nach Dierls Einschätzung ist die Arbeit der Auseinandersetzung gelungen und international anerkannt.
Inhaltlich war die Ausstellung mit einem Fokus auf die Täter*innen und deren Gewaltverbrechen im Holocaust und im 2. Weltkrieg entstanden. Dabei wird aber auch durch den Ausstellungsteil über die Nürnberger Prozesse das Scheitern des Regimes und die Bestrafung der Täter*innen dargestellt.
Kritik und Sorge darüber, dass die Opferperspektive dabei nicht ausreichend aufgeführt wurde und die Empathie der Rezipient*innen auf die Täter*innen fallen könnte, wurden damals und werden auch heute von Seiten der Archivarbeit ernst genommen.
Gleichzeitig merkt Dierl an, dass eine Veränderung hinsichtlich neuer zeitgemäßer Herausforderungen dringend notwendig ist.
Inhaltlich soll die Nicht-Deutsche-Sicht, aber auch ein für diese Zeit differenzierten Ansatz verfolgt werden, wie zum Beispiel eine Ausstellung über die Gewaltverbrechen des NSU.
„Wir wollen anschließen an Günther Domenigs Gedanken und das Gebäude öffnen und den Zugang erweitern.“, erklärt Dierl und stellt die weiteren Pläne des Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände vor. Baulich sollen vor allem ein barrierefreier Zugang gewährt und ein Vortragssaal eingerichtet werden. Bis 2024 plant das Dokumentationszentrum eine erweiterte Bibliothek, mehr digitale Angebote und eine ausgeweitete Informations-Möglichkeit zum Zeppelinfeld und den Bahnhof Märzfeld.
am ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg | Impressum & Datenschutz
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