„Die Modulgalerie – Kunst im Fach“ befindet sich in der Lorenzer Passage in Nürnberg. Das Künstlerpaar Kasia und Olaf Prusik-Lutz aus Nürnberg entwickelten zum Anlass des Großprojekts „Symposion Urbanum Nürnberg - Kunst im öffentlichen Raum“ ihr interaktives Kunstwerk. Insgesamt 48 Schließfächer verbärgen einzigartige Objekte, ein Interview mit den Künstlern und derzeitigen Kuratoren enthüllen Details.
Können Sie Ihr Kunstwerk beschreiben?
O. Prusik-Lutz: Die äußere Form der Modulgalerie ist eher subtil gehalten. Wir haben die alten Schließfächer umgebaut und in der Farbe Schwarz neu lackiert. Vorher waren die Fächer vollgesprüht, der Platz war eine richtige Schmuddelecke von Nürnberg. Die Leute sind schnell daran vorbeigegangen und haben dem Ort keine weitere Beachtung geschenkt. Viele Personen laufen auch jetzt noch daran vorbei. Da hier in der Passage ein Werbebanner nach dem anderen zu sehen ist und überhaupt das gesamte Stadtbild damit zugepflastert ist, haben wir über unserem Kunstwerk nicht Modulgalerie stehen. Die Werkbeschreibung ist deshalb nur auf den Plakaten zu finden. Durch die reine Renovierung der Schließfächer hat man eher etwas Unauffälliges, was auch unser Konzept „Entdeckt zu werden“ widerspiegelt. „Je lauter desto mehr erkennt man“ ist nicht unsere Devise, wir möchten genau das Gegenteil erreichen. Die Modulgalerie haben meine Frau und ich mit einzelnen Exponaten, Kunstwerken und Miniaturfiguren bestückt. Die alten Schließfächer lassen sich eben öffnen, indem man einen Euro zahlt, den Schlüssel rumdreht und in das kleine Fach seinen Kopf reinsteckt. Durch das Öffnen mehrerer Türen nacheinander, können Geschichten erzählt werden. Den Euro bekommt jeder wieder zurück, außer der Person gefällt die Ausstellung so gut, dann kann sie den Spendenknopf drücken. Das Konzept ist es einerseits eine Ausstellungsplattform zu schaffen, also einen sozialen Kunstraum. Andererseits ist die Ausstellung auch interaktiv, weil 1 € Münzen reingeworfen werden müssen, um den Fächerinhalt zu sehen.
Kunstwerkplanung – Wie lief die Arbeit ab?
O. Prusik-Lutz: Wir haben uns entschieden, im Team daran zu arbeiten. Hinter jeder Tür gibt es etwas Anderes zu entdecken, und manche Türen ergänzen sich. Die Geschichten werden nicht nach jeder Türöffnung weitererzählt, sondern es ist ein Überraschungseffekt. Man lässt eine Türe offen und wirft nebenan einen Euro ein und öffnet das Schließfach und stellt fest, dass der Inhalt mit dem vorherigen Türchen zusammenpasst. Die Geschichten selber sind jetzt nicht so zu erzählen, dass man jetzt sagt da geht es um..., sondern das sind visuelle Geschichten. Zum Beispiel ist in einem Schließfach eine Leiter, ein Betrachter entwickelt dazu eine Assoziation. Sie kann als Himmelsleiter oder Aufstiegsleiter interpretiert werden. Zum Beginn hatten wir unterschiedliche Ideen für die Schließfächer. Wir haben die Fächer mit einer Mischung aus Originale, die wir bereits angefertigt haben, Zeichnungen, die wir extra dafür gemacht haben und Reproduktionen von Originalen, die wir dann innerhalb dieses Fachs, dann quasi verkleinert haben bestückt. Wir selber stehen teilweise selbst als Miniaturen in den Fächern, so als ob es ein größerer Raum wäre. Zum Beispiel ist in einem der Schließfächer die Kasia abgebildet, wie sie einen Ballon aufpustet und im Fach obendrüber ist ein echter Ballon zu sehen. Eine Kombination aus tatsächlichen Gegenständen, die es auch gibt.
Mit welchen Techniken haben Sie gearbeitet?
O. Prusik-Lutz: Wir haben für das Kunstwerk gemixte Techniken verwendet. In den einzelnen Fächern sind Originale, also Ölbilder, die wir schon hatten. In anderen sind Zeichnungen, die wir extra dafür angefertigt haben und teilweise auch Objekte, die wir dafür neugestaltet haben. Das gesamte Objekt, also die Schließfächer sind aus Metall und Stahl, darin befinden sich von uns veränderte kleinere Arbeiten. Wir haben uns jetzt entschieden die Schließfächer damit zu füllen, aber die Möglichkeit besteht, die verschiedenen Techniken noch zu erweitern. Bei dem Schließfach, wo das Bild einer Wolke zu finden ist, haben wir eine orange Folie vor die Lampe gehängt. Viele Ideen sind uns während dem Ausprobieren gekommen. Es gibt bestimmt Ideen die mit Sicherheit total komplex umzusetzen sind. Ich will jetzt nicht sagen, dass wir einfache Ideen hatten. Wir haben einige Ideen gesammelt, damit gespielt und viel versucht. Wir sind jetzt die Höhlenmalerei, da wir die Ersten sind, die hier eine Ausstellung machen und der Barock folgt uns. Wir könnten auch total provozierend mit den Leuten arbeiten und in die Schließfächer sehr ernste und anstößige Sachen einfügen. Das wollten wir aber am Anfang aus dem Grund nicht, weil diese ganze Galerie neu ist und man muss auch schauen wie wird damit umgegangen, nicht dass sich jemand beleidigt fühlt. Für die erste Ausstellung haben wir uns als Einstieg etwas Lockeres vorgenommen. Es ist eine brave Ausstellung, visuell und ein bisschen witzig.
Wie wurden die Plätze zum Aufstellen vergeben?
O. Prusik-Lutz: Die VAG hatte die Idee, den gesamten U-Bahnbereich zu verändern und neu zu gestalten. Der Raum soll mit Neonröhren ausgestattet werden und die schönen Bauhaussäulen kommen weg. Das fand ich teilweise ein bisschen schade, aber in diesem Zug sind wir mit eingesprungen. Anstatt den Platz komplett neu zu gestalten, kann dieser doch neu aufgewertet und gestaltet werden. Aus den Schließfächern keine Neuen machen, sondern eben Kunst im öffentlichen Raum, pure Ästhetik, ohne Sinn, also eine Kunstarbeit, die dargestellt wird. Die sich natürlich auch mit verändert, da die Künstler wechseln und auch die Leute, die davorstehen und das Kunstwerk betrachten. In diesem Zug haben wir unser Konzept der Stadt Nürnberg vorgestellt. Die Stadt war davon überzeugt und so haben wir den Platz mit Hilfe von Fördergeldern der Stadt Nürnberg mitverändert. Die VAG hat uns ebenfalls unterstützt, da wir sie von der Idee überzeugt haben und sie sowieso den gesamten Platz aufwerten wollen.
Was sind die größten Unterschiede von Kunst im öffentlichen Raum und Kunst in Form einer Ausstellung?
O. Prusik-Lutz: Der größte Unterschied was mir jetzt einfällt, ist tatsächlich einfach dass man hier auch andere Leute erreichen kann. Lass es einfach eine Person sein, die wirklich ihren Koffer da reinstellen möchte und die tritt auf einmal in Kontakt mit Kunst und vielleicht zuvor noch nie ein Museum besucht hat. Der Überraschungseffekt ist auf jeden Fall auch ein Unterschied. Man wird überrascht aus dem Alltag heraus, man läuft, will eigentlich die U-Bahn erwischen und hat sie verpasst, dann steht man hier herum, weil man beim Asiaten was essen möchte und dann findet man das Kunstwerk. Für die erfahrenden Kunstbetrachter ist es gut aus dem Kontext gerissen zu werden und für die Leute, die nicht ins Museum gehen, können was erleben oder nicht. Museumsbesucher wissen genau was sie erleben möchten und so ist es auch hier. Ein paar Leute kommen gezielt hierher und andere kommen spontan vorbei, um sich die Kunst näher anzusehen. Im Endeffekt wollen sich viele Leute auch überraschen lassen, und wir als Künstler arbeiten gezielt daran. Der verfügbare Raum ist hier beschränkt und alle Fächer sind vom Aufbau gleich, so muss der Inhalt unterschiedlich sein, damit die Ausstellung spannend bleibt. Der Künstler muss auch selbst heraustreten, um sein Kunstwerk im öffentlichen Raum zu präsentieren, damit er neue Leute dafür begeistern kann.
Wie hat die Zusammenarbeit mit der Stadt Nürnberg funktioniert?
O. Prusik-Lutz: Taktisches Handeln ist bei der Arbeit mit der Stadt sehr wichtig. Wir wussten vorab, dass es eine größere Chance gibt, diesen Platz zu bekommen. Der Raum war unbenutzt und die Stadt wollte hier etwas verändern, hatte aber kein Konzept dafür. Da sind wir wie vom Himmel gefallenen und haben den Platz auch bekommen. Es ist ein soziales Projekt mit der Aufwertung des Platzes. Ganz einfach, die Stadt muss einen Sinn darin sehen, und wenn man das Vermitteln kann, dann kann man mit der Stadt gut zusammenarbeiten. Der Fakt ist, es muss sich für die Stadt natürlich rentieren. Es ist wichtig geschickt Sachen einzubringen. Als Tipp für andere Leute und Künstler: Fühler offenhalten, was gibt es für Gebäude, die vielleicht gerade dabei sind abgerissen oder umgebaut zu werden. Sich dann zu überlegen, was will die Stadt eigentlich mit solchen Plätzen machen und was kann als Alternative noch geboten werden. Das war eigentlich dass, was wir genutzt haben und so eine Möglichkeit gibt es mit Sicherheit überall in Nürnberg.
Vielen Dank für das Interview.
am ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg | Impressum & Datenschutz
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